Freiheit

Sonntag, 24. Juni 2007

Pro Graffiti

Erstaunlich: Erstmals las ich, dass in einem Gemeinderat der Antrag für Graffiti eingebracht wurde. An Unterführungen und ähnlichen Bauwerken sollen Flächen ausgewiesen werden, an denen legal gesprüht werden kann. Können soll; warten wir es ab, ob der Vorschlag durchkommt. - Ich fand schon immer, dass an Brückenpfeilern und ähnlichen Bauwerken, die ansonsten bestenfalls triste und grau in der Gegend herumstehen, Graffiti nicht kriminalisiert werden, jedenfalls geduldet werden sollten. (Etwas anderes ist es natürlich an privaten Hausfassaden usw.)

Interessant aber die Begründung, die nicht ästhetisch, sondern utilitaristisch argumentiert: Nicht weil gut gemachte Tags besser aussehen als hässliche, graue Betonwände, sondern um mit legalen Graffiti die illegalen einzudämmen, wird der Vorschlag gemacht.

Tja. Reklame im Stadtgebiet wird doch auch geduldet. Ist die vielleicht schöner? Nein, aber dafür wird bezahlt. Was lernen wir daraus? Vereinfacht gesagt: Wer bezahlt, darf die Stadt hässlich machen. Wer auf eigene Kosten öffentlichen Raum verschönert, kann dagegen als kriminell behandelt werden. Die Polizei bildet für solche Fälle sogar Sonderermittlungseinheiten.

Ich hätte gerne, dass Steuergelder nicht gegen Sprayer ausgegeben werden. Warum stärkt man stattdessen nicht Jugendhäuser und ähnliche Einrichtungen, die in der Lage sind, jugendliche Kreativität zu kanalisieren statt zu kriminalisieren? Nein, hier wird natürlich gespart.

Da steigen böse Verdächte auf, dass es ja eigentlich um was ganz anderes geht: gar nicht um ein "FÜR" im Gemeinwesen. Es geht um ein "GEGEN". Eine schlechte Einstellung bei einem Politiker.

Samstag, 3. Februar 2007

Hoher Preis

Manche Menschen zahlen einen hohen Preis allein dafür, dass sie sich fortbilden, weiterentwickeln, verändern wollen. Die Umgebung – ein Clan, die Verwandtschaft oder einfach die Kollegen – gesteht es ihnen nicht zu und bestraft sie mit Ausstoßung. Ja, sowas gibt es auch noch heute, in Mitteleuropa, in Deutschland. Mitten in der Zivilisation. Wobei „Ausstoßung“ auch auf sehr, sehr subtile Weise praktiziert werden kann.

Freitag, 2. Februar 2007

Gesetze

Mit Gesetzen und Verordnungen können wir nicht alles regeln. Die Anti-Raucher-Kampagne der europäischen Gesetzgeber in allen Ehren; sie ist ja gut gemeint. Aber warum kann man Nichtrauchen nicht durch Anreize fördern statt das Rauchen per Dekret unter Strafe zu stellen? Gesetze sind oftmals bloße Augenwischerei und zahnlose Tiger. Sie geben aber skrupellosen Menschen und Geschäftemachern (außerdem unangenehmen Beamten, die ihre diffusen Machtlüste ausleben wollen) die Möglicheit an die Hand, aus rein formalen Gründen Gesetzesunkundige in Schwierigkeiten zu bringen, die arglos irgendetwas tun, was dem Buchstaben nach gegen das Gesetz verstößt. Siehe die Abmahn-Abzocke gegen Blogger, bei der das Gesetz ja nur scheinbar auf der Seite der Abmahner ist, die Probleme im jeweiligen Fall aber in der Regel erst einmal der Blogger am Hals hat.

Ein anderes Beispiel aus dem Alltag mancher deutschen Stadt: die Polizeiverordnung, das Halten von Hunden betreffend. Hundehalter, welche die Hinterlassenschaft ihres Tieres auf dem Trottoir nicht beseitigen, können Bußgelder aufgebrummt bekommen. Nötig ist es dazu jedoch, dass jemand die Gesetzeshüter so auf den Plan ruft, dass der säumige Tierkotliebhaber dingfest gemacht werden kann. Einen Tretminenhinterlasser an Ort und Stelle zur Rechenschaft ziehen zu wollen würde in der Praxis heißen: Ich sehe jemanden, dessen Hund gerade sein Geschäft macht und beobachte, dass das treudoofe Herrchen weitergeht, ohne den Haufen zu beseitigen. In meinem Handy müsste die Nummer der nächsten Polizeiwache eingespeichert sein, die ich blitzschnell anrufe. Eine Streife müsste dann innerhalb von Sekunden vor Ort sein, damit ich den Hundebesitzer, der gerade um die Ecke verschwindet, noch ausdeuten kann. Der Rest wäre dann Routine. – Ist das realistisch? Rhetorische Frage; es liegt auf der Hand, dass das so nicht funktioniert. Einzige Alternative: Ich kenne den Hundebesitzer persönlich und kann ihn namentlich der Polizei nennen. Das ist normalerweise nur bei Nachbarn der Fall. Die meisten werden ihre Nachbarn aber nicht bei der Polizei verpfeifen. Wie ist diese Polizeiverordnung also? Man könnte viele Adjektive auf sie reimen; die Eigenschaft „praktikabel“ oder „alltagstauglich“ ist nicht darunter.

Das Antidiskriminierungsgesetz ist eine ähnliche Falle. Ich gehe davon aus, dass die wenigsten Menschen, die tatsächlich Diskriminierung erfahren (zB Familien mit Kindern, die schwerer eine Mietwohnung finden als andere), von diesem Gesetz profitieren. Schon werden aber Fälle bekannt, in denen Menschen etwa Scheinbewerbungen schreiben und hinterher den Stellenausschreiber verklagen, sie seien diskriminiert worden. Beliebt: Die Bewerbung auf ein Inserat, in dem eine Sekretärin gesucht wird. Rein formal könnte jeder Mann, der über die geforderte Schulbildung verfügt, eine Bewerbung schreiben und nach der Ablehnung dem potentiellen Arbeitgeber erst einmal Ärger machen.

In Fachkreisen wird das AGG (Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz) als „lernendes Gesetz“ bezeichnet. Was bedeutet das anderes, als dass es bei Verabschiedung nicht ausgereift war? Es hat den Anschein, dass solche Gesetze Dummheit und Egoismus befördern (wenn nicht selber beinhalten) und dem Gemeinwohl schaden. Intelligente Regeln für das Zusammenleben in Städten und Quartieren, in Ländern und im gesamten Staat sehen anders aus.

Donnerstag, 28. Dezember 2006

Freiheit

Freiheit ist, dass ich das tun darf, was ich als richtig und wichtig empfinde. Und dass ich sagen darf, was ich als richtig und wichtig empfinde. Unfreiheit ist, dass andere mir vorschreiben, was richtig und wichtig ist.

Warum jemand mir etwas vorschreibt, ist zum großen Teil in der Person des anderen begründet. Ob ich mir etwas vorschreiben lasse, ist zum großen Teil in meiner Persönlichkeit begründet.
Dass jemand in der Lage ist, mir etwas vorzuschreiben (in einer Weise, die mich zwingt, das Vorgeschriebene zu befolgen und dies selbst dann, wenn ich mich dagegen wehren möchte), ist vielfältigen Gründen geschuldet. Sehr wirksame Gründe sind Abhängigkeiten.

Abhängigkeiten:
Arbeit. Arbeitgeber -> Arbeitnehmer. Der Arbeitnehmer bekommt Geld, also kann der Arbeit- und Geldgeber über den Arbeit- und Geldnehmer bestimmen.
Familie. Hier ist es zunächst die emotionale Zusammengehörigkeit, die Abhängigkeiten schaffen kann; aber natürlich spielen wirtschaftliche Dinge auch eine Rolle (etwa bei großem Familienbesitz oder überhaupt, wenn viel zu vererben und zu erben ist). Auch kommt es vor, dass einzelne Familienglieder sich einfach das Recht nehmen, über die anderen (mit)zubestimmen. Siehe oben: Ob jemand anderen etwas vorschreibt, ist zum großen Teil in der Persönlichkeit des Vorschreibenden begründet. Manche legen es darauf an, andere Familienmitglieder abhängig zu machen – emotionale Bindung lässt sich sehr gut ausnutzen und wird sehr oft ausgenutzt, nicht nur in Familien. Und wer für emotionale Bindung „anfällig“ ist, ist leichter ausnutzbar als andere. (Was bedeutet, dass er wachsamer sein, besser auf sich aufpassen muss.)
Freundeskreis, Kirchen, Vereine usw. Von der Grundidee her eigentlich Beziehungen auf Freiwilligkeitsbasis, zumindest in der heutigen Zeit. (In früheren Zeiten war etwa Religionszugehörigkeit alles andere als freiwillig.) Da aber Beziehungen sich entwickeln und verändern, können Schieflagen und Abhängigkeiten entstehen. Nutzt das eine Seite aus, führt es entweder zum Bruch (etwa Vereinsaustritt) oder zu einer mehr oder weniger dauernden Abhängigkeit (manche Menschen existieren ihr Leben lang als Abhängige – liegt eben in ihrer Persönlichkeit begründet). Manche Abhängigkeit kann freilich eine scheinbare sein. Ein agiler Vereinsvorsitzender, der von seinen recht trägen Vereinsmitgliedern aus Bequemlichkeit immer wieder gewählt wird, dafür den Laden praktisch allein schmeißen muss: Er wird zwar ausgenutzt, aber lässt es mit sich machen, weil es ihm auch gefällt, unangefochten den Ton anzugeben.
Gesellschaft. Vielfältige Beziehungen, darunter Abhängigkeiten, auch wechselseitiger Art. Nur zum Beispiel: Ich kann bloß das kaufen, was von Kaufleuten angeboten wird. Händler und Dienstleister können umgekehrt nur bestehen, wenn ihre Dienste in Anspruch genommen werden. (So werden kleine Läden oft verdrängt von Großanbietern, wenn immer mehr bei den Großen und immer weniger bei den Kleinen geordert wird.)

Das Gegenteil von Abhängigkeit ist für mich nicht Freiheit an sich, nur so, als Selbstzweck. Sondern die Freiheit, in einer Beziehung meinen Beitrag zu leisten. Den Beitrag, den ich leisten kann und als richtig und wichtig ansehe. Zum Nutzen für den anderen und für mich und zum Nutzen der Gemeinsamkeit, die wiederum die einzelnen stärkt.

Einen Menschen stark machen bedeutet, ihn frei zu machen.


Das ist im übrigen auch ein pädagogischer Grundsatz, der z.B. in der Suchtprävention eingesetzt wird. Was Rückschlüsse auf die vielfältigen Suchtformen und -probleme unserer Gesellschaft zulässt. Er kann sowieso als Ausgangspunkt vieler weiterer grundlegender pädagogischer Regeln und Handlungsmaximen gelten.

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