Donnerstag, 28. Dezember 2006

Freiheit

Freiheit ist, dass ich das tun darf, was ich als richtig und wichtig empfinde. Und dass ich sagen darf, was ich als richtig und wichtig empfinde. Unfreiheit ist, dass andere mir vorschreiben, was richtig und wichtig ist.

Warum jemand mir etwas vorschreibt, ist zum großen Teil in der Person des anderen begründet. Ob ich mir etwas vorschreiben lasse, ist zum großen Teil in meiner Persönlichkeit begründet.
Dass jemand in der Lage ist, mir etwas vorzuschreiben (in einer Weise, die mich zwingt, das Vorgeschriebene zu befolgen und dies selbst dann, wenn ich mich dagegen wehren möchte), ist vielfältigen Gründen geschuldet. Sehr wirksame Gründe sind Abhängigkeiten.

Abhängigkeiten:
Arbeit. Arbeitgeber -> Arbeitnehmer. Der Arbeitnehmer bekommt Geld, also kann der Arbeit- und Geldgeber über den Arbeit- und Geldnehmer bestimmen.
Familie. Hier ist es zunächst die emotionale Zusammengehörigkeit, die Abhängigkeiten schaffen kann; aber natürlich spielen wirtschaftliche Dinge auch eine Rolle (etwa bei großem Familienbesitz oder überhaupt, wenn viel zu vererben und zu erben ist). Auch kommt es vor, dass einzelne Familienglieder sich einfach das Recht nehmen, über die anderen (mit)zubestimmen. Siehe oben: Ob jemand anderen etwas vorschreibt, ist zum großen Teil in der Persönlichkeit des Vorschreibenden begründet. Manche legen es darauf an, andere Familienmitglieder abhängig zu machen – emotionale Bindung lässt sich sehr gut ausnutzen und wird sehr oft ausgenutzt, nicht nur in Familien. Und wer für emotionale Bindung „anfällig“ ist, ist leichter ausnutzbar als andere. (Was bedeutet, dass er wachsamer sein, besser auf sich aufpassen muss.)
Freundeskreis, Kirchen, Vereine usw. Von der Grundidee her eigentlich Beziehungen auf Freiwilligkeitsbasis, zumindest in der heutigen Zeit. (In früheren Zeiten war etwa Religionszugehörigkeit alles andere als freiwillig.) Da aber Beziehungen sich entwickeln und verändern, können Schieflagen und Abhängigkeiten entstehen. Nutzt das eine Seite aus, führt es entweder zum Bruch (etwa Vereinsaustritt) oder zu einer mehr oder weniger dauernden Abhängigkeit (manche Menschen existieren ihr Leben lang als Abhängige – liegt eben in ihrer Persönlichkeit begründet). Manche Abhängigkeit kann freilich eine scheinbare sein. Ein agiler Vereinsvorsitzender, der von seinen recht trägen Vereinsmitgliedern aus Bequemlichkeit immer wieder gewählt wird, dafür den Laden praktisch allein schmeißen muss: Er wird zwar ausgenutzt, aber lässt es mit sich machen, weil es ihm auch gefällt, unangefochten den Ton anzugeben.
Gesellschaft. Vielfältige Beziehungen, darunter Abhängigkeiten, auch wechselseitiger Art. Nur zum Beispiel: Ich kann bloß das kaufen, was von Kaufleuten angeboten wird. Händler und Dienstleister können umgekehrt nur bestehen, wenn ihre Dienste in Anspruch genommen werden. (So werden kleine Läden oft verdrängt von Großanbietern, wenn immer mehr bei den Großen und immer weniger bei den Kleinen geordert wird.)

Das Gegenteil von Abhängigkeit ist für mich nicht Freiheit an sich, nur so, als Selbstzweck. Sondern die Freiheit, in einer Beziehung meinen Beitrag zu leisten. Den Beitrag, den ich leisten kann und als richtig und wichtig ansehe. Zum Nutzen für den anderen und für mich und zum Nutzen der Gemeinsamkeit, die wiederum die einzelnen stärkt.

Einen Menschen stark machen bedeutet, ihn frei zu machen.


Das ist im übrigen auch ein pädagogischer Grundsatz, der z.B. in der Suchtprävention eingesetzt wird. Was Rückschlüsse auf die vielfältigen Suchtformen und -probleme unserer Gesellschaft zulässt. Er kann sowieso als Ausgangspunkt vieler weiterer grundlegender pädagogischer Regeln und Handlungsmaximen gelten.

Nebulös

Nachtrag zum Nebel in London kurz vor den Feiertagen. Ich machte mir Notizen darüber, kam aber nicht dazu, sie in mein Blog zu stellen.

Solche Vorkommnisse wie die mit dem Nebelchaos in London wundern mich immer wieder. Flugzeuge können noch starten und landen, müssen aber aus Sicherheitsgründen größere Abstände einhalten. Dies führt zu Wartezeiten und nachfolgend zu Staus. Das leuchtet ein.

Was nicht einleuchtet, ist die Größe des Durcheinanders und die Menge der Menschen, die tagelang auf dem Flughafen warten müssen.

Man könnte es vergleichen mit Nebel auf der Autobahn: Die Autos können noch fahren, aber langsamer – so gibt es Stau. Nur sitzen in Autos lauter Individuen, die zudem nicht für Extremsituationen geschult sind; jeder fällt seine Fahrentscheidung für sich allein. Den Verkehr auf einem Fughafen regeln aber nicht Laien, die bloß einen Führerschein haben, sondern gut ausgebildete Spezialisten, und Nebel gibt es nicht zum ersten Mal in London. Man müsste doch bei entsprechender Wetterbeobachtung voraussagen können, dass es Flugverzögerungen gibt. Dann kann man gestaffelte Maßnahmen ergreifen, von der Vorwarnung der Fluggäste bis zum schrittweisen Canceln von Flügen. Es ginge den Leuten besser, wenn sie in Londons Innenstadt in einem Hotel oder Café ein bis drei Tage warten müssten, als wenn sie das nun auf dem Flughafen zu tun gezwungen sind. Ein Fluggast im ZDF-Morgenmagazin: Alle seine Winterkleidung ist auch noch falsch umgeleitet; er sitzt mit Sommerklamotten im Londoner Winternebel und friert.

So mit Kunden umzugehen, dünkt mich wie gut verschleierter Dilettantismus. Und alle tun so, als seien diese Umstände gottgegeben, dabei ist es nur grottenschlechte Kommunikation.

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