Vermischtes

Mittwoch, 24. Januar 2007

Kulturgenüsse, multipliziert

Sonntag Abend mit meiner Liebsten bei Carlos Núñes in der Alten Feuerwache. Ich wusste von CDs, dass die Musik mir gefallen würde. Aber was ich dann erlebte, war Kulturgenuss auf höchster Ebene, multipliziert durch ein Bad der Gefühle. Die keltische Musik, die unmittelbar ins Blut geht wie hochprozentiger Alkohol! Der charismatische Piper, bei dem selbst die Piccoloflöte nicht spitzig klingt, der überhaupt die Blockflöte in verschiedenen Größen zelebriert wie ein Connaisseur den Weinkelch! Neben ihm verblasst sogar der Blockflöten-Guru Frans Brüggen (der immerhin als bedeutendster Blockflöten-Virtuose des letzten Jahrhunderts bezeichnet wird), von dessen Musik ich vor Jahren nicht genug bekam – den ich allerdings auch nie live erlebte.

Núñes intonierte auf der Gaita (dem galizischen Dudelsack) Ravels Bolero und gleich danach eine galizische Folknummer, überhaupt war die Reihenfolge der Stücke äußerst publikumswirksam aufgebaut. Auf das elegische Women of Ireland beispielsweise folgte unmittelbar (und ohne eine der häufigen launigen Zwischenansagen in englisch-spanisch-deutscher Sprachmischung) ein fröhliches Tanzstück, sodass nicht der Hauch einer Gefahr bestand, dass der Spannungsbogen abriss. Dabei hielt er den Faden nicht krampfhaft, sondern fing ihn, um im Bild zu bleiben, mit eleganter offener Hand auf und hielt ihn mit Leichtigkeit in der Schwebe. Ja, höchste Spannung und Schwebe, das geht bei Núñes gleichzeitig.

Seine drei kongenialen Künstler vervollständigten die Performance perfekt. Das Schlagzeug bediente Bruder Xurxo Núñes, kümmerte sich außerdem um das Halbplayback mit Bass und Orgel. Der an der Mandoline (war das wirklich eine? Es gibt so viele ähnliche Saiteninstrumente) war wohl Pancho Alvarez, Begonia Riobo die Geigenspielerin (deren anmutige Tanzbewegungen unwillkürlich an Riverdance erinnerten) – sofern man Auskünften des Internet trauen kann (Begonias Instrument klang sehr tief, also eine Bratsche und doch keine Geige?). Die Persönlichkeiten auf der Bühne und ihre Musik verschmolzen zu gebändigter Lava; ihre sich stets ändernde Fließgeschwindigkeit übertrug sich auf das Publikum, das atemlos lauschte und begeistert applaudierte. Am Schluss tanzten die Leute in den Gängen und vor der Bühne. Das war kein wilder, dunkler, ekstatischer Tanz, sondern hatte was von irischem Folk, locker, sehr heiter, ansteckend.

Was mich eben auch so beeindruckte: Man hat schon viele Musiker gehört, die gut oder sehr gut sind. Hier war einer so gut, dass die Virtuosität nicht dem Musiker, sondern unmittelbar der Musik zugute kam. Vielleicht war es das, was den Unterschied macht. Der Mann kann nicht nur perfekt spielen (nicht ein einziger Giekser bei einem Instrument wie der Blockflöte, das kapriziös wie eine Elfe ist). Er weiß sogar bei den schnellsten Passagen – die er federleicht dahinspielt, als sei es nichts – in jeder Sekunde genau, was er tut, und verliert nie die Kontrolle. Insgesamt lässt der Mann nicht gerade den Eindruck eines introvertierten Künstlers entstehen. Im Gegenteil, sichtlich genießt er die Show. Aber feiern tut er nicht sich, sondern die Musik.

Als eines der letzten Stücke spielten sie das unvergleichliche Dancing with Rosiña – der Saal kochte. In mir vibriert es heute noch, wenn ich an den Abend denke.

Samstag, 20. Januar 2007

...

"Machen wir halt eine Revolution, damit a Rua is." - Kabarettist Bruno Jonas im ZEIT-Interview über Stoibers Rückzug.

Dienstag, 16. Januar 2007

Nasal

Die näselnde Stimme an der Losverkäuferbude auf dem Messplatz: so unsicher, dass sie sich ans Mikrofon anlehnen musste.

Sonntag, 14. Januar 2007

Nur halb so wild?

Wer meint, „alles halb so wild“ sei die richtige Beschwichtigungsmethode, setzt auf das falsche Pferd. Das neue Jahr ist wie ein Edelhengst, der eingeritten werden muss; er ist noch scheu, dabei aber stark und geht auch schon mal mit einem durch. Aber er ist die Zukunft, er ist das Leben, er besitzt Energie und kann etwas bewegen.

Samstag, 6. Januar 2007

Feiertage

Beklommenes Gefühl, wie immer, wenn etwas vorbei ist und es eine irgendwie komische Form des Loslassens gibt. Abschied vom alten Jahr, was ist das bitte genau?

Eindruck, dass man keinesfalls alles in den vielen freien Tagen unterbringen konnte, was man sich vorgenommen hat. Man ärgert sich. Hat man sich doch so vehement gegen die falschen Gefühle der „Weihnachtszeit“ gestemmt. Bei so viel Wasser um einen herum ist es halt schon eine Leistung, wenn man nur nasse Füße bekommt.

Da wird der Alltag irgendwie zum heilsamen Pflaster, der die erlösende „Normalität“ bringt und die Möglichkeit, sich vor dem Zugriff mütterlicher Erwartungen hinter Verpflichtungen zu verstecken.

Das einzige, was wirklich bleibt: Einige wenige Stunden, die man sich zu zweit gerettet hat, in denen man wirklich mehr Zeit füreinander hatte als in den übrigen 50 ½ Wochen des Jahres. Doch halt! Da tut man einigen anderen Zeiten Unrecht. Da war noch der Urlaub, der Kurzurlaub und so mancher weitere Tag, der mit demselben Recht aus der Wolkendecke des vergangenen Jahres herausragt. Zeiten, die sich mindestens ebenso wohltuend in Gedächtnis und Seele eingegraben haben. Na bitte, geht doch! Schade für das Übermaß an Schwulst rund um Weihnachten. Es ist nicht schön, so sehr gegen falsche Erwartungen ankämpfen zu müssen. Schönere Ergebnisse gibt es, wenn nicht 90 Prozent der Umwelt dermaßen bedeutungsvoll tut.

Oder sagen wir es andersrum: Nach so viel übermäßiger Bedeutung rund um Weihnachten und Jahreswechsel gibt es ein besonders rauhes* Erwachen, wenn man in der ersten Januarwoche mit dem Fahrrad unterwegs ist. Wer musste da seine zerbrochenen Träume des vergangenen Jahres unbedingt mitten auf dem Fahrradweg hinterlassen?

01-06-sa-p1011763-scherben-


*Anmerkung zur Schreibweise von „rauh“: Ich weiß, dass die verdammte neue „Recht“schreibung das ohne „h“ lesen will. Aber für mein Sprachgefühl ist das Wort nur mit „h“ so richtig reibeisenmäßig, also echt „rauh“. (Die "richtige" Schreibweise assoziiere ich eher mit "lau".)

Dienstag, 26. Dezember 2006

Weihnachten = ?

Mit Menschen zusammen sein, die man liebt. Zeit gemeinsam verbringen (man hat das Jahr über zu wenig Zeit dafür), sich miteinander freuen, einander Freude bereiten. Das ist nicht wenig für ein Weihnachtsfest.

Mittwoch, 20. Dezember 2006

Übrigens

habe ich bisher nicht gewusst, woher der AIDS-Erreger stammt. Vor sieben Jahren soll von einer Mikrobiologin nachgewiesen worden sein, dass er von Schimpansen aus dem Westkongobecken stammt. Dort soll er auf den Menschen übergesprungen sein.

Samstag, 16. Dezember 2006

Bockshorn

Ins Boxhorn jagen. Früher hatte ich bei diesem Spruch immer die Schreibweise Bockshorn vor dem inneren Auge. Jetzt fand ich heraus, dass es 1612-1653 einen Menschen gab, der diesen Namen trug: einen Gelehrten namens Marcus Zuerius Boxhornius. Siehe zum Beispiel www.richardwolf.de/latein/boxhorn.htm.

Die Recherche im Duden bestätigt mir, dass die erinnerte Schreibweise richtig ist. Im Web finde ich unter www.gehmirnichaufdensack.de eine Sprüchesammlung, die zwar nicht unlustig ist, aber dennoch nicht meinem Geschmack entspricht. Diese Sammlung erklärt die Wendung „Ins Boxhorn jagen“ mit „jemanden verarschen, benachteiligen“ und wird als relativ abstoßend bewertet. Huch, Schreibweise falsch, Erklärung falsch. Bewertung falsch komisch: Was soll daran abstoßend sein, jemanden zu ermutigen mit „Lass dich nicht ins Bockshorn jagen!“?

Also weiter! Ich will wissen, woher die Redewendung kommt. Mit dem Gelehrten aus dem 17. Jahrhundert hat sie nichts zu tun, so viel habe ich schon herausgefunden.

Die Schreibweise "ins Boxhorn jagen" ergibt bei der G-Suchmaschine 12.300 Treffer. So viele Menschen deutscher Sprache gibt es also, die Probleme mit der Rechtschreibung haben (PISA?). Auf einer „Mediengestalter“-Seite streiten sich zwei: Der eine: „lass dich doch nicht vom m. ins boxhorn schlagen!!“ Der andere: „es heißt ins BOXHORN JAGEN!!!! JAAAAAGEN! :-C“ – Hihi, dazu sage ich mal nichts, das erklärt sich selber.

So. Bei „ins Bockshorn jagen“ spuckt die Suchmaschine fast 37.000 Treffer aus. (PISA-Quote demnach 25 % – also 75 % richtig, 25 % falsch?)

Unter www.ceryx.de dann ein Lichtblick. Hier heißt es einleitend: „Wenn wir jemanden ins Bockshorn jagen, versuchen wir ihn einzuschüchtern. ... Die Herkunft der Redensart ist ungeklärt. Dies liegt daran, dass schon zu der Zeit, aus der die ältesten uns verfügbaren Belege stammen, die ursprüngliche Bedeutung nicht mehr bekannt war.“ Dann werden noch eine Reihe von Möglichkeiten erklärt, die für den Ursprung der Redewendung stehen könnten. Außerdem darf man auf der Site Redewendungen einschicken, die dann erklärt werden. Stöbert man weiter, findet man wunderschöne und nützliche Sachen. Zum Beispiel kann man Interessantes über Abduktion und Deduktion in Kriminalromanen nachlesen ... Nicht die Nase über die Fremdwörter rümpfen! Nachgucken, das ist wirklich interessant!

Unter www.wer-weiss-was.de gibt es die Bestätigung, dass die Wendung mit dem hornigen Bock sehr alt und ihr Ursprung letztlich nicht erklärbar ist, und eine ausführliche Zitation von Belegen dazu, für die jemand wirklich eine Menge alter Literatur gewälzt hat. Hut ab!

Dann finde ich wiederum andere, aber erneut ernsthafte Erklärungen, etwa die Hilfe zur Unterscheidung von paradigmatischen und syntagmatischen Aussagen. Das klingt hier schrecklich dürr und wissenschaftlich, ist aber an Ort und Stelle dermaßen geistreich und dabei noch liebevoll erklärt, dass man sofort versteht und gar nicht aufhören mag. Der volle Beitrag von Michael Steindl unter www.ku-eichstaett.de/Forschung/News/106500354645119 ist eine Wucht, aber man liest ihn nicht in zwei Minuten, da braucht es schon mindestens zehn. Die sich aber lohnen.

Dienstag, 12. Dezember 2006

...

Zeit zusammen verbringen, miteinander reden. Was für ein schöner, besinnlicher Abend mitten zwischen der Hektik der Adventstage! Smile.

Montag, 11. Dezember 2006

Entdeckung der Langsamkeit

Seit Samstag Abend fast drei Kilo Walnüsse (vier Tüten) nackich gemacht. Eine Tüte hat 750 g und ergibt gut 310 g Kerne. Die Schalen sind manchmal einen ganzen Meter senkrecht hoch geflogen. Dabei hab ich doch nicht mit dem Hammer auf die Früchte gehauen, sondern mit einem ganz ordinären Nussknacker gearbeitet! Genau, mit so einem, bei dem man aufpassen muss, mit der Schale nicht auch gleich den Kern zu zerquetschen.

Also ein Instrument, das man behutsam einsetzen muss, um gute Ergebnisse zu erhalten – und trotzdem solche Auswirkungen! Das ist die Spannung, die in den Schalen steckt. Also nicht Kernkraft, sondern Schalenkraft, Schalenspaltung.

Nüsse nackich machen

Ein Sonntagnachmittag voll langsamer Zeit. Nüsse knacken, Plätzchen backen – die Entdeckung der Langsamkeit. (Von so aufregenden Sachen wie Schlangenessen kann ich also nicht berichten.)

Eric Clapton auf der CD „Reptile“ singt in „Broken down“ die Textzeile „around the block“ und spricht das „block“ so amerikanisch mit offenem o-Laut als black, dass er „luck“ darauf reimen kann.

Wintersonntagnachmittags, wenn die Sonne überraschend rauskommt. Sehr spezielle Stimmung, das Licht fällt schräg ein, ist aber intensiv und sogar warm. Alles erscheint in einem neuen Licht, direkt und im übertragenen Sinne. Man muss aufpassen, dass man beim Zeitunglesen die Zeitungsseite nicht in die Nähe der Kerzenflamme hält – man nimmt die Kerzenflamme nicht primär wahr, obwohl beim bewussten Hinschauen auch sie einen warmen, schönen Schein verbreitet.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Archiv

April 2024
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 1 
 2 
 3 
 4 
 5 
 6 
 7 
 8 
 9 
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
 
 
 
 
 
 
 
 

japans-Links

Ich betone ausdrücklich, dass ich keinen Einfluss auf Gestaltung und Inhalte der bei mir gelinkten Seiten habe. Ich distanziere mich von den Inhalten der gelinkten Seiten bei japans. Diese Erklärung gilt für alle bei japans angebrachten Links und deren Inhalte.

Suche

 

Status

Online seit 6360 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 26. Feb, 23:28

Credits