Samstag, 9. Dezember 2006

Alt und Jung

Resolute Schwarzhaarige aus Dänemark den Niederlanden (!), die fließendes Deutsch mit starkem Akzent spricht. Sie ist Chefin eines Altersheimes.
Zum Team stößt eine attraktive, sehr selbstbewusste junge Mitarbeiterin. Die Junge ist sehr selbständiges Arbeiten gewohnt und ergreift rasch die Initiative. Die Alte reagiert verhalten-kritisch. Ganz am Anfang, wo sie noch so etwas wie die „Mutter“ spielen kann, versucht sie geschickt, die Junge unter ihre Fittiche zu nehmen. Als die „Kleine“ sich aber als recht flügge erweist, fängt die Alte an zu kritisieren. Ihr gefällt nicht die Selbstverständlichkeit, mit der die Junge, nachdem sie etwas geleistet hat, dann auch sagt, was sie will und wozu sie keine Lust hat.

Freitag, 8. Dezember 2006

Hinter die Ohren

Etwas hinter die Ohren schreiben.
Da kann man es doch nicht lesen!
Aber andere können es lesen. Das ist vielleicht die Absicht: Andere sollen es lesen können, was jemand sich hinter die Ohren geschrieben hat.


P.S.:
Eselsohren! Vielleicht soll man es hinter Eselsohren schreiben!
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P.P.S.:
Nur ganz am Rande: Das Eselsohr ist im Buch Nachtzug nach Lissabon von Pascal Mercier, das ich vor kurzem fertiglas. Kann ich sehr empfehlen.

Mittwoch, 6. Dezember 2006

Woody Allen, ein Fotobuch, Blick ins Nichts und Kosten für Schnee

Bin vom neuen Woody Allen enttäuscht. Die Dialoge sind, wie immer, witzig und offenbaren Allens Herkunft von der Comedy. Auch treten immer stärker Sprüche heraus, die sich bei ihm wiederholen – bisher nervt das noch nicht: „Sie sind eine Zierde Ihrer Rasse.“ Der Plot von „Scoop“ wirkt oberflächlich und einigermaßen fad. Der dramatische Aufbau hat einige Schwächen, die Zusammenhänge wirken sind manchmal unlogisch, schlecht durchdacht oder gar nicht vorhanden - mit einem Wort: nicht stimmig. Insgesamt weiß man nicht recht, worauf Allen hinauswollte: Ist das eine reine Komödie? Oder ist hintergründiger Tiefgang im Spiel, etwa durch die Rahmenhandlung, in der sich gewisse Personen auf dem Schiff über den Todesfluss befinden? Genauer: Finden sich hier mythische Anspielungen, oder ist das lediglich als witzige Brechung und somit als Gag einzustufen? Usw. usf.

Habe die letzten Tage lange Stunden damit verbracht, einer in den Ruhestand scheidenden Kollegin ein Fotobuch zusammenzustellen. Ich kenne drei Firmen aus dem Internet, die das anbieten: www.cewefotobuch.de, www.pixopolis.de und www.fotobuch.de. Muss es heute Nacht noch abschicken, damit es (hoffentlich) noch rechtzeitig da ist. Wer so was nicht kennt: Man lädt sich die kostenlose Software herunter, installiert sie und stellt damit am eigenen Bildschirm das Buch zusammen. Dann schickt man die fertige Datei online (oder per CD) an die Firma und bekommt in 8 bis 14 Tagen das gedruckte Buch geschickt.
Ich habe mich für die Software und Firma von fotobuch.de entschieden. Im Preis sind die Produkte ähnlich, die fotobuch-Software schien mir aber am vielseitigsten zu sein. Ich bin gespannt auf das Ergebnis. Hat jemand schon Erfahrung mit solchen Sachen gemacht oder kennt noch weitere Firmen oder Software solcher Art?

Lese seit einigen Monaten gelegentlich in „Ein Blick ins Nichts“ von Janwillem van de Wetering. Er versteht es, auf erzählende Weise seine Zeit darzustellen, die er mal in einer buddhistischen Gemeinschaft gelebt hat. Wenn man keine Ahnung von sol-chen Sachen hat, ist es interessant, darüber zu lesen. Ich mag die Krimis von de Wetering sehr. Er ist ein Mann, der gut erzählen kann, und versteht es auch, seine buddhistischen Erlebnisse anschaulich dazustellen. Ein Satz: ‚Man soll nicht an Koans festhalten, die man gelöst hat, sondern sie wegwerfen wie benutzte Papiertaschentücher.’ Vielleicht gilt das auch für viele Dinge des täglichen Lebens, für Erlebnisse, Erfahrungen und Gefühle. Man hält wahrscheinlich an viel zu vielen Dingen fest und müllt sein Leben damit zu, belastet sich und behindert sich selber in der Bewegungsfreiheit, der Lebensfreiheit.

Was kostet Schnee? Die ZEIT beantwortet diese Frage in Nr. 49 vom Do 30.11. auf Seite 89 in ihrem Bericht „Der Schneekanonier“: 560.000 Kubikmeter Wasser in einer Saison mal Kubikmeterpreis mal Faktor für Energie und Personal: „Macht rund 2,3 Millionen Euro Kosten für die Arlberger Bergbahnen AG in St. Anton in Tirol.“
Warum reden wir überhaupt noch über die Klimaveränderung?

Montag, 4. Dezember 2006

Da haben wir es mal wieder

Da haben wir es mal wieder. Die Politiker wissen sofort, was zu tun ist. Schuld ist ein Spiel. Counterstrike, das Ballerspiel, ist die Ursache für den Amoklauf eines ehemaligen Schülers. Verbieten!

Wenn die deutsche Politik nicht in der Lage ist, in Großstädten den Bereichen, die Kinder und Jugend betreuen, genügend Personalressourcen zuzugestehen, dann sollten deutsche Politiker nicht mit solch einspurigen Argumenten daherkommen. „Vor dem Öffnen des Mundes Gehirn einschalten“, ist man versucht, denjenigen zuzurufen, die der Öffentlichkeit weismachen wollen, mit einem simplen Verbot käme man einer solch komplexen Problematik bei.

Machen wir’s mal probeweise genauso wie die Politiker, die so kurzschlüssig argumentieren: Warum sind die Kassen von deutschen Großstädten dermaßen klamm, dass an den wichtigsten Stellen des öffentlichen Handelns – da, wo es um die Betreuung von Kindern und Jugendlichen und somit die Zukunft der Gesellschaft geht – die Gelder fehlen? Wie bitte? Weil wir – genau! – die falschen Politiker haben, die – richtig! – die falschen Entscheidungen fällen. Was tun wir dagegen? Na was schon?! Ein Gesetz erlassen! Es soll bei Strafe verboten werden, Parteien zu wählen, die schlechte Politiker in die Ämter setzen.

Wollen doch mal sehen, mit genügend harten Maßnahmen kriegen wir die Sache schon in den Griff. Wenn alles nichts nutzt, müssen wir überhaupt bei Wahlen besser durchgreifen. Wie wäre es zum Beispiel mit Videoüberwachung in Wahlkabinen?

Doch im Ernst: Es gibt bereits Landstriche, in denen bei Wahlen nur 44 Prozent der Berechtigten den Weg zur Wahlurne finden. Die Politiker in den übrigen deutschen Landen sollten etwas dafür tun, dass es dort nicht auch soweit kommt. Mit muskelbepackten Sprüchen aus dem politischen Fitness-Studio erreichen sie das genaue Gegenteil.

Mittwoch, 29. November 2006

Gift

Inzwischen las ich

in der ZEIT (Nr. 47 vom 23.11. Seite 39 „Vergiftetes Weihnachtsfest“), was ich neulich in der Kurzform bei [ach verflixt, jetzt find ich den Blog nicht mehr, in dem das stand] nicht verstand: Es wird vor dem Verzehr von zu viel Zimt gewarnt. Keine Panikmache, aber immerhin wird darauf hingewiesen, dass in Backwaren mit Zimt (wie etwa Zimtsternen) mit dem Gehalt von hohen Mengen an Cumarin zu rechnen ist. Der Pflanzenstoff könne die Leber schädigen und habe in Tierversuchen Tumore hervorgerufen.

Wie gesagt, es wird keine Panikmache betrieben, und die Wochenzeitung brachte es denn auch eher als eine Art Glosse. Also verfolgen wir das Thema mal nicht weiter, das scheint es nicht wert zu sein. Man muss Zimtgebäck ja nicht in Massen essen.

Dagegen haben wir ein ganz anderes Giftthema, und das schon seit Jahren. In derselben Ausgabe der ZEIT (Nr. 47 vom 23.11. Seite 17-21 Dossier) war ein ausführliches Interview mit Harald Schmidt zu lesen. Er gibt doch tatsächlich zu, dass Gefühle ihm ein Ekelgefühl verursachen! Danke, lieber Harald, jetzt wissen wir’s endlich! Haben wir all die Jahre gar nicht bemerkt.

Einfach göttlich aber dann die Ehrlichkeit der Selbsterkenntnis: „Wissen Sie, ich habe eine wirkliche Begabung: Ich merke sehr schnell, was jemanden echt verletzt. Das kann ich, das ist ja auch mein Beruf. Das ist ein unglaubliches Gefühl, wenn einem sozusagen in einem Bruchteil einer Sekunde der Satz einfällt, der den anderen trifft bis ans Ende. Dieser Satz muss dann raus. Mittlerweile sinkt die Hemmschwelle gegen null.“ Lieb von Dir, Harald, dass Du uns so die Augen über Dich öffnest. Noch nie war jemand so offen zu uns! Und, wie gesagt, darauf wären wir nie von selbst gekommen.

[Wenn jemand die zarte Demontage eines Zynikers lesen mag, sollte er sich die Onlineversion dieses Interviews antun. Eine feine journalistische Leistung! Respekt an Hanns-Bruno Kammertöns und Stephan Lebert für Interview und daraus entstandenen Text mit allen Unter- und Obertönen sowie Oliver Mark, der die nuancenreichen Fotos beisteuerte. Erstaunlich, dass der Showmaster dem Interview Freigabe erteilte. Vielleicht hat er sich ja doch einen letzten Rest an Aufrichtigkeit bewahrt.]

Montag, 27. November 2006

Wie das Leben so spielt

Ein junger Mann von deutlich unter zwanzig kreuzt mit seinem Fahrrad in waghalsiger Manier den Weg eines anderen Fahrradfahrers, der an Alter mindestens das Zweieinhalbfache zählt. Der Ältere, sofort die Hand an der Bremse, runzelt kurz die Stirn und ruft dann dem Jüngeren hinterher: „Etwas riskant, junger Mann!“ Erhält er überhaupt Antwort? Ja: „Halt’s Maul!“

Schlecht für den Ruf des jungen Mannes, der bei anderer Gelegenheit vielleicht für sich reklamieren würde, Deutsche sollten ihn doch bitte nicht anpöbeln – womit er Recht hätte.

Andere Zeit, anderer Ort. Ein Radler fährt seinen Fahrradweg entlang und kann gerade noch rechtzeitig vor einem älteren Ehepaar anhalten, das die Straße überqueren will und zu diesem Zweck zunächst über den deutlich rot markierten Fahrradweg hinüber muss. Keiner der beiden Senioren hat jedoch auf den Fahrradweg geachtet. Ein Unfall wird vermieden, aber die Bremse quietscht laut, und der alte Mann, sicher 70 Jahre zählend, erschrickt. Er fährt den Fahrradfahrer an, er solle gefälligst aufpassen, außerdem hätte er doch bitte klingeln können. (Der Radler hatte geklingelt.)

Schlecht für den Ruf des alten Mannes, der bei anderer Gelegenheit vielleicht für sich reklamieren würde, Jüngere sollten ihn doch bitte nicht unhöflich behandeln – womit er Recht hätte.

Wie das Leben so spielt: Kurze Zeit, nachdem das veröffentlicht ist, läuft mir ein älterer Herr fast ins Fahrrad – vor dem Überqueren des Fahrradweges schaute er weder rechts noch links. Er erkannte mich. Fünf Minuten netter Plausch über obige Zeitungskolumne, die er gelesen hatte.

No comment ...

Samstag, 25. November 2006

Filmbesprechung

Väter tun so etwas nicht
Internationaler Wettbewerb: „Söhne“ von Erik Richter Strand, Norwegen


Ein Bademeister, allseits als hilfsbereit und zupackend bekannt, beobachtet einen mutmaßlichen Kinderschänder, der sich mit halbwüchsigen Jungs abgibt, und kann ihn per Digicam tatsächlich dingfest machen. Alles scheint klar, handfeste Beweise liegen in Lars’ Hand.

Aber nichts ist in dem Film so, wie es auf den ersten Blick den Anschein hat. Der Zuschauer sieht auf einmal Lars dem Opfer Tim das Sweatshirt über den Kopf ziehen und ihm ein Geldbündel in die Hand drücken wie zuvor der Päderast. Als Tim nach einer Party mit Freunden wegen seines heillosen Katers nicht nach Hause will, bietet Lars ihm sogar über Nacht Unterschlupf. Nun ist Lars’ Bett besetzt, dafür lädt ihn die nette Nachbarin zu sich ein. Aber warum liegt Lars angezogen und wie ein Stock neben ihr?

Was wie eine beklemmende Psychostudie beginnt und zu einem verwirrenden Vexierspiel mutiert, entwickelt sich im letzten Drittel zu einem rasanten Krimi. Der Zuschauer kann Täter und Opfer immer schwerer unterscheiden, die Helfer sind auf der Flucht vor der Polizei. Trotz des offenen Endes wird eine mögliche Lösung angedeutet: Wer von außerhalb urteilt, liegt vielleicht daneben. Nur Betroffene selber können ihre Sache in die Hand nehmen. Gute Darsteller und Regie, überzeugende Kamera, außergewöhnliches Drehbuch. Ein Spielfilm, der zum Thema Missbrauch von Minderjährigen Wichtiges zu sagen versteht.

Festakt

Ein Kinderbuchautor, der einen

Buchpreis erhält und beim Festakt während der Laudatio des Kollegen in Tränen ausbricht. Er kann seine Dankesrede nicht selber halten, sie muss verlesen werden. Der Vorfall macht Furore, doch Jahre später ist er in Vergessenheit geraten. In seinem Nachlass finden sich in seinen Tagebuchnotizen Gedanken zum Hintergrund:

Er habe während der Feier an seine Mutter denken müssen, der er es als Kind nie habe recht machen können. Als er erwachsen wurde, habe sie seine literarischen Bemühungen immer belächelt oder mit missgünstiger Kritik begleitet. Oder schlimmer noch: mit Schweigen, was ihn sehr verletzte. – „Was ist ein Kinderbuch anderes, als der Versuch eines Erwachsenen, sich mit der Welt der Kinder zu verständigen?“, schreibt er. Es sei ihm bei Besuchen im Elternhaus oft vorgekommen wie im dichten Straßenverkehr. Sie, die unaufhörlich redete und so ganz von sich überzeugt war. Die ihn als Kind nie Kind sein gelassen hatte, weil es nur darum gegangen war, „brav“ zu sein, und ihn als Erwachsenen zu behandeln suchte wie ein Kind. Ihr selbstgefälliger Redeschwall wirkte auf ihn wie eine Droge, die einen in Absence versetzt, ähnlich wie es übergroßer Lärm einer Straße machen kann: Man sieht dann zwar noch die Autos, Lastwagen, Motorräder, hört aber ihre Geräusche gedämpft wie durch Watte hindurch.

„Heute“, so war in seinem Tagebuch zu lesen“, „hörte ich die Stimme des Kollegenfreundes im stillen Saal mit den festlich gekleideten Gästen urplötzlich überlaut. Was ist das, dachte ich und griff mir ans Ohr.“ Dann habe es ihm gedämmert. Dies war der umgekehrte Vorgang wie beim Verkehrslärm: Was mit leisen Tönen daherkommt, erreicht dein Inneres lauter. Und gleichzeitig keimte die Hoffnung, die Chance bestünde, dass er eine Schallmauer durchbrochen hatte. Seine Mutter, die sich nie in ihn habe hineinversetzen können, sei als Kind für ihn ein Schicksal gewesen; kein Kind entkommt dem seinen. Als Erwachsener war es für ihn ein Trauma, weil es neben dem Schmerz der Erinnerung immer wieder vor Augen führte, dass auch jetzt an eine Verständigung nicht zu denken war.

Die Situation der Ehrung habe ihm vergegenwärtigt, dass es dennoch eine Chance gab. Wenn so viele kluge Menschen denken, dass seine Bücher Kinderherzen erreicht hätten, dann wäre das bei einigen vielleicht wirklich der Fall. Und das würde bedeuten, dass die Mauer zwischen den Generationen durchlässig geworden war. Ein Bann war gebrochen, gegen den er jahrelang wie in Trance angeschrieben hatte, blind, wie im Gischt einer Brandung, ohne zu wissen, ob er vorankam.

„Dieser Moment im Festsaal war für mich wie der erste Sonnenstrahl nach einem vorübergezogenen Tornado, während überall umher noch Trümmer liegen. Ich wusste, ich war nochmal davongekommen.“

Filmbesprechung

Trauma oder Traum?
Internationaler Wettbewerb: Eine merkwürdige Gesellschaft


Joel ist Psychotherapeut und betreut eine kleine Gruppe von Menschen mit unterschiedlichen Störungen. Der Helfer, nicht frei vom Helfersyndrom, leidet jedoch selber unter Schlaflosigkeit: Weil seine Frau ihn mit einer anderen in flagranti erwischte, hat sie ihn Hals über Kopf verlassen. Nun sitzt er nachts im Wohnzimmer und bestraft sich selbst, indem er wieder und wieder die letzte Nachricht vom Anrufbeantworter abhört, die sie ihm hinterließ. So lange, bis seine neunjährige Tochter aus ihrem Zimmer kommt und fragt: „Ist Mama da? Ich habe ihre Stimme gehört.“

Seine persönliche Schieflage spitzt sich zu, als seine Patienten ihn immer mehr ins Privatleben hinein verfolgen. Sophie droht sich das Leben zu nehmen, benachrichtigt ihn zuvor aber telefonisch genau in dem Moment, als er mit seinem Kind eine kritische Situation durchlebt und eigentlich zuhause gebraucht wird. Der cholerische Victor dagegen meint schließlich seinen Verfolger ausfindig gemacht zu haben und setzt dem das Messer an die Kehle. Wahrheit und Lüge werden zum immer bedrängenderen Thema.

Der Film hätte nicht einen Psychiater zum Protagonisten, wenn der Showdown sich dies nicht zunutze machte. Ein schwerer Unfall spielt eine Rolle, beste Voraussetzung für posttraumatischen Stress. Aus rätselhaftem Grund scheinen die drei Patienten unversehens gemeinsame Sache gegen ihren Therapeuten zu machen und stehen wie in einem Alptraum drohend vor Joels Bett. Joel wird die Pistole auf die Brust gesetzt.

Seelenkino mit dem Hang zur Verselbständigung. Reife Leistung!

Filmbesprechung

Vorhang zu, alle Fragen offen
Internationaler Wettbewerb: Blut ist dicker als Wasser


Pétur ist kein Mann großer Worte. Eher ergreift er die Initiative und schenkt seiner Frau Asta und sich eine Reise in die Dominikanische Republik, bevor das zweite Kind ankommt. Eine glückliche Familie – in die durch einen Zufall das Misstrauen einbricht wie ein Tornado, bei dem der Ton abgestellt ist.

Ein routinemäßiger Bluttest beim zehnjährigen Sohn ergibt, dass Örn nicht Péturs Sohn sein kann. Urplötzlich treten misstrauische Blicke an die Stelle des Miteinanderredens. Das Tischtuch ist zerschnitten, der Vater zieht ins Hotel. Bemerkenswert, wie Árni Ólafur Ásgeirsson ein Kino des Schweigens und der distanzierten Augenkontakte inszeniert. Asta erklärt sich nicht und schwankt zwischen Verzweiflungsausbrüchen und Scheidungsdrohung mit Versorgungsanspruch. Pétur stürzt sich in eine hoffnungslose Liebesaffaire, die nur weitere Tränen gebiert. Schwester Lilja verfällt in offensichtlich alte familiäre Verhaltensmuster.

Der einzige, mit dem Pétur noch reden kann, ist sein Schwager in spe. Doch sind diese Unterhaltungen mehr der Abklatsch einer Männerfreundschaft und gefährden die Beziehung des Schwagers zu Lilja. Als schließlich doch Hochzeit gefeiert wird, scheint auch Bewegung in die Front zwischen Pétur und Asta zu kommen. Er übernachtet wieder zuhause, die Blicke werden zugänglicher.

Doch ist der Keim des Schweigens gepflanzt. Fast käme es zu einer normalen Unterhaltung zwischen Vater und Sohn. Aber Örn stockt und seine einzige Reaktion lautet: „Ach, nichts“. Keine Frage ist beantwortet; es wird nie mehr sein, wie es mal war. Schwer verdaulicher Film, hochverdichtetes Kino und große Kunst, selbst der Darsteller des kleinen Örn spielt beängstigend intensiv.

Freitag, 24. November 2006

Körpersprache

Der Mann an der Supermarktkasse

hinter mir vorhin. Fiel mir auf, weil er unruhig wirkte. Ich drehte mich halb um und beobachtete ihn aus den Augenwinkeln. Er stand da wie einer, der es eilig hat. Richtig, der vor mir war gerade einen Schritt wei-ter gegangen und ich noch nicht nachgerückt.

Ich ließ den hinter mir nicht aus dem Auge(nwinkel). Er bot jetzt alles an körpersprachlicher Redekunst auf, um mich zum Weitergehen zu bewegen. Neugierig geworden, tat ich es jetzt erst recht nicht. Er stellte sich in den Spreizschritt, den rechten Fuß vorgestellt, sein Einkaufsgut in der rechten Hand haltend, als ob er abwöge. Gleichzeitig beugte er sich vor wie einer, der sich zu einem Wettlauf vorbereitet.

Die Leute an der Kasse bummeln in diesem Supermarkt eigentlich nie, im Vergleich mit anderen Geschäften sind sie ziemlich flott und dabei immer freundlich. Trotzdem dauerte alles natürlich ein bisschen. Der Mann hinter mir blieb in Unruhe, aber immerhin rückte er mir nicht hautnah auf die Pelle, wie ich es zuerst erwartet hatte. Aber dann sah ich ihn nach links ins Regal greifen, es sah aus wie eine Übersprungshandlung. Zum Schluss stand er da, beide Arme voll bepackt, als habe er bloß aus Wartefrust so viel eingekauft.

Vielleicht hätte man dem Mann Zucker und Zimt geben sollen, dann hätte er nicht so viel anderes kaufen müssen. Zucker beruhigt bekanntlich die Nerven, und Zimt - siehe www.medizin.de, andere Medizinseiten und Gedankenträger ;-)

Festivalkinder

Sehr süß gestern Vormittag

nach der Kindervorstellung beim Filmfestival, wie die Kinder der einen Schulklasse in der Festival-Lounge herumstrichen (schätzungsweise 3. Klassenstufe). Mit glänzenden Augen standen sie vor den Tresen, an denen Getränke und Essen verkauft wurden. Die Mädchen himmelten die hübschen, gut gekleideten jungen Damen dahinter an, die Jungs gaben sich etwas cooler. Hinterher zogen die einen wie die anderen dann mit einem Snack oder einer Colaflasche zufrieden ab.

Unbeschreiblich das Gesicht einer der kleinen Filmbesucherinnen: Mit einer Art wissendem Lächeln und großer Selbstverständlichkeit, ja fast weltläufig schwebte sie durch den Raum, genoss sichtlich das Festival-Flair, obwohl jetzt am späten Vormittag noch nicht viel los war.

Das ist die zweite, die positive Seite der heutigen Post-Postmoderne. Wie war man selber als Kind damals in fremden, großen Räumen unsicher, hätte sich an den Rand gedrückt, niemals mit solcher Selbstsicherheit in der Öffentlichkeit bewegt. Ja, die heutige Welt ist wilder, es gibt mehr Gefahren und Bedrohungen. Doch neben allem Bösen, das (ihnen) passiert, sind die Kids auch besser aufs Leben vorbereitet. Es ist unsere (der Erwachsenen) Aufgabe, dass das nicht nur für Kinder aus sogenannten guten Familien gilt, die optimale Förderung erfahren.

Binsenweisheit im Umgang mit Kindern: Wer zuhause physische und psychische Geborgenheit erfährt, findet sich auch anderswo am ehesten zurecht. Bei Gruppenreisen mit Kindern haben oft diejenigen am schnellsten Heimweh, die zuhause eigentlich viel vermissen ...

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Zuletzt aktualisiert: 26. Feb, 23:28

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